Dune 2021 – Mein Gott, ich will meine Lebenszeit zurück

Wie angekündigt, wird die Fortsetzung zu Dune 2021 nun doch nicht mehr 2023 in den Kinos gezeigt, sondern ist auf irgendwann 2024 verschoben. Grund ist der noch immer andauernde Streik in Hollywood und damit verbunden das Verbot für Schauspieler, den Film zu bewerben. Und bei Blockbustern dieser Größenordnung geht ohne Werbung nichts mehr, zumal das Einstiegswerk jetzt auch kein Mega-Erfolg an den Kinokassen war.

Um genau zu sein, muss ich mir jetzt auch echt überlegen, ob ich mit den zweiten Teil überhaupt noch antue. Schon die 2021er Version hat mir 2,5 Stunden Lebenszeit regelrecht gestohlen. Der Film lebt nur von seinem Hype. Lässt man das ganze Brimborium um die literarische Vorlage, die großen Namen und die 6 Oscars weg – dann bleibt ein zwar schön photographierter und phantastisch ausgestatteter aber ebenso überlanger wie langweiliger Film übrig.

Nun sagen viele Leute, dass David Lynch mit seiner 1984 in den Kinos erschienenen Verflimung von Dune krachend gescheitert sei. Ihm wäre es nicht gelungen, die Komplexität des Ausgangsmaterials glaubhaft umzusetzen. Der Film wäre darüber hinaus cheesy. Ja, dem kann man allem zustimmen (muss aber nicht). Allerdings folgen hier auch viele Aber. Lynch hatte nur einen Spielfilm mit Überlänge zur Verfügung, um Herberts Dune-Kosmos zu erzählen. Soweit ich weiß, ist der Film auch ein Opfer des nachträglichen Schnitts. Eine Stunde Laufzeit soll dabei weggefallen sein. Da wäre man doch mal auf den Directors Cut gespannt. Dass sich die Studios und Produzenten in die künstlerische Arbeit von Regisseuren und anderen Kreativen einmischen, ist also kein Phänomen der Neuzeit.
Dennoch erschafft David Lynch einen Film, der vom Look and Feel her einzigartig ist. Er bringt im Wesentlichen die ganze Geschichte in einem Film unter und fügt weitere Elemente noch hinzu. Villeneuve hingegen benötigt zwei Filme (mindestens) und lässt (bisher) bei den Fans beliebte Gimmicks weg. Ich weiß, er will sich enger an der literarischen Vorlage orientieren, aber bei wem will er damit punkten? Zu gern hätte ich einen Gilde Navigator gesehen, der in der 1984er Realisierung einer der Höhepunkte des Films war. Die Spice-Droge ist die absolut grundlegende Substanz dafür, dass es überhaupt Navigatoren gibt. Ohne Navigatoren ist wiederum die interstellare Raumfahrt nicht möglich. Ohne die interstellare Raumfahrt würde es also auch kein Imperium, wie es der Film kennt, geben. Spice kommt nur auf Arrakis vor, weshalb sich alles um diesen Wüstenplaneten dreht. Regisseur Villeneuve erzählt uns hier aber lieber eine Geschichte, die das alles in den Hintergrund drängt und eher als ein Survival-, Kriegs- und Religionsfilm daherkommt. Ganz ehrlich, das könnte auch Black Hawk Down sein.

Die Charaktere bleiben in ihrer Interaktion mit anderen Charakteren blass. Wer, was, wann und warum macht ist nicht nachvollziehbar. Dabei hat die Romanvorlage alles, aber auch wirklich alles zu bieten, was diesen Film zu einem Game of Thrones im Weltall machen könnte.
Timothée Chalamet wirkt in seiner Rolle, als ob ihn uns Hollwood mit Gewalt aufdrücken will. Als Kind der 1980er ist für mich Kyle MacLachlan der einzig wahre Paul Atreides. Sorry Kid, du langweilst nur.
Oscar Isaac – da sieht man erst einmal, wie lachhaft die Star Wars Sequels in der Figurengestaltung eigentlich sind. Der Mann hat’s drauf, wenn man ihm die entsprechenden Rollen gibt. Rebecca Fergusons Interpretation der Lady Jessica ziehe ich um Meilen der von Francesca Annis vor. Allerdings ist sie mir zu jung. Der Altersunterschied zu ihrem Filmsohn dürfte nur knapp 10 Jahre betragen. Zendaya, ach wie schön leuchten deine blauen Augen. Vielleicht darfst Du im Sequel ja auch noch schauspielern, statt nur für Visionen herzuhalten. Aquaman ohne Zauselbart ist komisch anzusehen, aber Jason Momoa ist hier ganz okay. Leider leider ist sein Duncan Idaho im Film einfach nur da und als er dann heroisch stirbt, quittiere ich das mit einem Schulterzucken. Machs gut Momoa, wir sehen Dich dann in Aquaman 2.
Josh Brolin – wie vielschichtig und furchteinflößend war dein Thanos in der Marvel Reihe? Der große Kriegermentat Thufir Hawat erinnert optisch eher an einen britischen General aus dem Zweiten Weltkrieg. Vom genialen Analysten und weitsichtigen Denker sehe ich hier aber nichts. Stellan Skarsgård darf seinen kahlen Schädel zeigen, sich darüberstreichen und dabei mehr oder weniger bedeutungsvolle Phrasen in die Kamera raunen. Aber so richtig weiß ich gar nicht, warum ich ihn als Bösewicht verabscheuen soll. Dasselbe trifft auf Dave Bautista zu. Er zeigt eine beeindruckende physische Präsenz, aber war seine Figur im Jahr 1984 einfältig-brutal, ist 2021 Glossu Rabban nur noch brutal und ein Mann der Tat.

Hans Zimmer ist eigentlich eine feste Bank, was epische Filmmusiken betrifft. Hatte mich Brian Eno 1984 mit seinem sphärischen und bizarren Soundtrack zu Dune echt gekriegt, nervt mich der Score, den Zimmer 2021 beigesteuert hat. Da bleibt wirklich nichts im Gedächtnis, abgesehen von dem verstörenden Dudelsack Intro bei der Ankunft auf Arrakis, dem Kehlkopfgesang bei der Einführung der Sadaukar und dem dauernden Chorgeschrei, wenn Paul als Messias dargestellt wird. Alles muss dabei so krampfhaft an den Orient und den Islam erinnern. Vielleicht hätte Villeneuve einfach etwas aus dem Nahostkonflikt verfilmen sollen?

David Lynch und auch John Harrison, der Schöpfer der 2000er Mini-Serie, haben eigentlich bewiesen, dass es schwer bis unmöglich ist, Frank Herberts Romanreihe zu verfilmen. Es sei denn, man macht ein Franchise wie bei Tolkiens Herr der Ringe daraus. Aber wer geht heute noch so ein Risiko ein? Ich schätze, bei Villeneuve war es die Aussicht auf einen Film, bei dem sich viele Möglichkeiten für gewaltig schöne Bilder und lang andauernde Background Shots ergeben. Hat mal jemand allein die Traumsequenzen gezählt, die Paul vom Fremenmädchen Chani hat? Dazu die Einblendungen des Crysdolches, bis auch der letzte Dummy verstanden hat, dass das ein wichtiges Utensil ist?
Und dann ist da natürlich noch die Wüste, die Villeneuve schon so hingebungsvoll in Blade Runner 2049 gefilmt hat. Obwohl dort Temperaturen von 140 Grad herrschen sollen, schwitzt niemand, gerät niemand außer Atem, hat niemand Sonnenbrand oder auch nur aufgesprungene Lippen.

Warum läuft der Film in einem Tempo ab, das an eine angezogene Handbremse erinnert? Ja, schon klar – der Regisseur nimmt sich „Zeit“, um seine Story zu erzählen. Aber erzählt wird ja nicht wirklich was. Es fühlt sich an, wie ein sehr langer Trailer und am Ende wartet man darauf, dass der Film jetzt endlich beginnt. Macht er natürlich nicht und beim Abrollen der Credits fragt man sich, was habe ich hier eigentlich gesehen?

Ich kann einfach nur hoffen, dass es bei Teil 2 heißt, Leinen los und mit Volldampf voraus. Der Trailer bietet einem ja auch etwas an, aber ich habe Befürchtungen, dass damit schon alle Action-Sequenzen gezeigt wurden. Christopher Walken spielt ja den Imperator und eigentlich ist auf den Meister immer Verlass, aber auch ein Schauspieler von diesem Format kann nur mit dem arbeiten, was ihm gegeben wird. Dasselbe trifft auf Florence Pugh zu. Ich wünsche mir sehr, dass ihre Prinzessin Irulan die entsprechende Screentime und Bedeutung erhält, denn sie hat eine wirkliche Präsenz auf der Leinwand.
Austin Butler übernimmt die Rolle als Feyd Harkonnen, dem psychopathischen aber hochgefährlichen Thronerbe des Hauses Harkonnen. Mit allem Respekt gegenüber Mister Butler, aber kann sich noch jemand an Joaquin Phoenix in Gladiator erinnern? War das ein mal ein ernstzunehmender Gegenspieler für Russel Crowe oder nicht?

Die Sache mit den 10 Oscar Nominierungen und den 6 tatsächlichen Auszeichnungen. Ich bin immer mehr der Meinung, dass solche Preisverleihungen mit höchster Skepsis zu bewerten sind. Ein Oscar ist ein Oscar, da kann keiner was abbeißen. Aber es ist etwas anderes, in einem starken Jahrgang zu triumphieren als Preise einzuheimsen, wenn die Konkurrenz durchschnittlich oder schwach ist. Wie wäre es denn mal, auch gar keine Auszeichnungen und Preise zu verleihen, wenn es das Angebot nicht hergibt.

Alles in allem ist Dune 2021 ein langweiliger Sci-Fi Spielfilm mit zum Teil sehr guten Schauspielern, die sich unter Wert verkaufen müssen, weil ihnen das Script nicht wirklich was an die Hand gibt. Keine der handelnden Figuren ist dazu geeignet, dass wir mit ihr mitfiebern oder sie entschieden ablehnen. Der Film möchte uns unbedingt etwas mitteilen, weiß aber selbst nicht genau, was. Gleichzeitig sagt er uns in erschöpfender Wiederholung, dass hier etwas sehr Bedeutungsvolles und Großes passiert oder noch passieren wird. Wir Zuschauer sind uns aber nicht sicher, ob das wirklich das große Rad ist, an dem gedreht wird. Es fühlt sich nicht so an. Die Photographie ist gut, manche Einstellungen wirklich episch. Aber auch alles sehr distanziert und … kühl, haha. Versteht ihr? Kühl … wegen Wüstenplanet und so. Nichts ruft bei mir eine Resonanz hervor, weil die Bilder, die Räume und Landschaften in keinem Bezug zu dem stehen, was bei den handelnden Menschen passiert.
Letzten Endes bin ich dem Hype auf den Leim gegangen und habe wertvolle Stunden Lebenszeit vergeudet. Andererseits wäre dann auch nicht dieser Artikel entstanden. Mit jeder Tür die sich schließt, wird auch eine andere geöffnet.

Star Wars ist tot – Warum Disney, warum?

Disney und Star Wars – da ist etwas zusammengekommen, was nie zusammenkommen hätte dürfen.

Eins der größten, angesehensten und respektiertesten Franchises in der Geschichte des Kinos – ruiniert. Das muss man erst einmal schaffen.
Die Sequels sind die Totengräber der gesamten Filmreihe und lassen selbst die von den Fans geschmähten Prequels wie cineastische Meisterwerke aussehen. Ich verspüren den inneren Drang, einen Charakter wie Jar Jar Binks zu mögen und mir ein Spin-Off des liebenswürdigen Doofkopps zu wünschen!
Dazu kommt die Flut an TV-Serien, die dann bei Disneys Streamingplattform versendet werden. Abgesehen von Andor ist das Meiste Mittelmaß oder einfach nur schlecht (Obi Wan Kenobi). Mittlerweile kann man diese Produkte nicht mehr konsumieren, ohne sich auf Nerd-Level im Franchise auszukennen. Es ist alles nur noch Selbstreferenz.

Noch vor den Sequels haben die Fans gedacht: was für gigantische Möglichkeiten stehen den Verantwortlichen zur Verfügung! Welche Chancen hätten sich mit der finanziellen Power von Disney ergeben? Was für hungrige Schauspieler, geniale Drehbuchschreiber und phantastische Plots hätten wir haben können? Dazu würdevolle Abgänge von beliebten und etablierten Alt-Stars.

Nichts von dem ist wahr geworden oder eingetreten.

Und ich frage mich bis heute, ob das aus reiner Dummheit und Unfähigkeit oder aus purer Absicht passiert ist? War es nur eine zufällige Zusammenkunft von Ereignissen oder steckt da ein System dahinter?

Der erste Teil der Fortsetzungen, „Das Erwachen der Macht“ war tatsächlich an den Kinokassen erfolgreich und man hat sich von diesem Erfolg blenden lassen. Allerdings gibt es handfeste Gründe für das Einspielergebnis und diese haben nur wenig mit dem Film an sich zu tun. Erstens war es bei seinem Erscheinen auch schon wieder 10 Jahre her, dass der abschließende Teil der George Lucas Prequels im Kino lief. Die Leute hatten einfach wieder Bock auf Star Wars und keinen Bock mehr auf George Lucas (oh wie hat sich alles geändert). Zweitens stellte sich dieser Film als dreistes Remake von „A New Hope“ aus dem Jahre 1977 heraus. Bei Disney muss man sich gedacht haben: besser bei einem guten Film geklaut als einen schlechten selbst gedreht. Ich weiß, Erfolgsdruck und Sicherheitsdenken, aber wurde denn Disney gezwungen, mehrere Milliarden Dollar für die Rechte hinzublättern?
Man sieht diesem Ergebnis die zugrunde liegende Faulheit und Einfallslosigkeit in jeder Sekunde an, so dass sein kommerzieller Erfolg erst recht eine Schande ist.

Trotz des konventionellen und betulichen „The Force Awakens“ hielt sich bei mir immer noch die Hoffnung, dass wir von den neuen Figuren etwas zu erwarten hätten, wenn nur beim Nachfolger die Handbremse gelöst wird. Doch mit „The Last Jedi“ ist die Flamme der Hoffnung endgültig erloschen. Dieser Film ist ein einziger Stinkefinger in Richtung der alten Fans. Es gibt genügend Reviews, die dieses Machwerk stundenlang auseinandernehmen. Schaut einfach bei Youtube nach.
Nur soviel: da wartet man 35 Jahre, ja 35 verdammte Jahre, um mit Luke Skywalker einen der größten Helden des Franchise wieder in Aktion zu sehen – und was bekommt man? Einen verbitterten, alten Mann, der sich aufgegeben hat. Zurückgezogen auf einer einsamen Insel lebend wartet er nun auf den Tod, während er grüne Milch von drolligen Space-Seekühen trinkt. Das tat richtig weh. Danke Lucasfilm, Danke Disney. Ihr wisst eben, was das Beste für die Zuschauer ist.
Dieser Jedi-Ritter hat zuvor allen Gefahren unerschrocken ins Auge geblickt, jede Herausforderung angenommen und seine Freunde nie im Stich gelassen. Nebenbei hat er dann auch noch die Galaxis gerettet. Diese griesgrämige Version von Luke Skywalker muss förmlich dazu gezwungen werden, der jungen Rey eine zweitägige Unterweisung in der Macht zuteil werden zu lassen. In der höchsten Not sorgt der Regisseur für einen gehörigen Mindfuck, als Luke scheinbar doch noch in den Endkampf eingreift. Stellt sich allerdings heraus, dass der alte Betrüger sich mittels einer Art Zoom-Meeting für Jedi auf den Planeten projiziert. Danach stirbt er recht unspektakulär an Auszehrung. Da hätte er mal besser eine Flatrate buchen sollen. Abgesehen von diesem traurigen Ende einer einstigen Heldenfigur – zu welchem Zeitpunkt ist uns eigentlich mitgeteilt worden, dass die Jedi diese Avatar-Nummer im Programm haben? Lazy, shitty Booking!

Es folgt ganz großes Kino, was stellvertretend für den ganzen Film steht:

Auf auf und davon

Kleiner Tipp an Disney bzw. Lucasfilm: es könnte hilfreich sein, wenn man sich im Vorfeld zusammensetzt, um so eine Filmreihe konzeptionell zu durchdenken. Danach sucht man sich die Regisseure aus, von denen man meint, dass sie dieses Konzept am besten umsetzen. Noch besser, wenn man ihnen Leitregeln gibt, was storytechnisch geht und was nicht. Nicht andersrum. Es ist ja schön und gut, dass Regisseur Johnson seine ganz „eigenen Ideen“ hatte und Star Wars von allem befreien wollte, was es im Grunde ausmacht. Dazu den Vorgänger negiert und seine eigene Geschichte erzählt.
Nur warum darf dann so jemand überhaupt einen Star Wars Film drehen? Was ist der Sinn?

Star Wars 9 ist dann auch die meiste Zeit damit beschäftigt, die vermeintlichen Fehler aus Star Wars 8 zu reparieren. So hat er dann gar keine Zeit und Möglichkeit, ein eigenständiger Film zu sein. Wo er es dann doch ist, wird es albern – weil J.J. Abrams wie zu Beginn der Sequels auf Nummer Sicher geht. Die Rückkehr von Imperator Palpatine ist der definitive kreative Bankrott. Dieses lazy, shitty Booking entwertet die Originalfilme (vor allem „Die Rückkehr der Jedi“), Lukes Heldenreise, Darth Vaders Sacrifice und Palpatines Ende mehr als es Ryan Johnson mit seinem großen Stinker je geschafft hätte. Der Film ist in seinem andauernden Versuch von Fanservice sowas von plump und dumm. Ja, ich möchte ganz fest daran glauben, dass es hauptsächlich an den Schwierigkeiten hinter den Kameras lag, aber wahrscheinlich hätte Abrams auch unter besten Bedingungen denselben Film gedreht. Dass mittendrin Carrie Fisher gestorben ist, war vielleicht auch nicht unbedingt hilfreich.

Über die Filme hinweg haben es alle Beteiligten nicht geschafft, eine kohärente Geschichte zu erzählen oder aus den handelnden Personen Charaktere mit Identifikationspotential und Eigenständigkeit zu machen. Die Figurenzeichnung ist weder glaubhaft noch einnehmend. Bei einigen Rollen ist sie nicht einmal vorhanden wie zum Beispiel General Hux oder Captain Phasma. Zumindest kann sich Gwendoline Christie nun damit brüsten, in Star Wars mitgespielt zu haben.
Rey, Poe, Fynn – sie sind einfach nur da, weil das Drehbuch sie braucht. Sie tun Dinge, weil das Drehbuch es verlangt und der Film nicht nur Special Effects und Landschaften zeigen kann. Ihre Motivationen und Verhaltensweisen sind, sofern denn sichtbar, unveränderlicher Natur. Keinem Charakter wird eine Entwicklung zugestanden. Ihre Beziehungen zueinander und anderen Menschen werden nie erklärt – etwas, worauf in den Originalfilmen besonders Wert gelegt wurde.

Die alten Helden werden nur noch für Nostalgia und Etablierung der neuen Stars zurückgebracht. Das ist an sich nicht verkehrt. Dafür sind Schauspieler in dieser Phase ihrer Karriere nun mal da. Es kommt halt immer darauf an, wie man das anstellt. Lässt man die Figuren intakt und verschafft ihnen einen würdigen Abgang, zahlt sich das auch für die nächste Generation aus. Die Übergabe des Staffelstabes sozusagen. Hier aber lässt man sie Dinge tun (oder auch nicht-tun) und sagen, die in völligem Kontrast zu dem stehen, was wir von der Person kennen. War Obi Wan Kenobi für Luke Skywalker noch Vaterersatz und Mentor, so ist genau dieser Luke Skywalker für Rey nur noch ein alter Mann, den man vorführen kann. Beibringen braucht er ihr nichts mehr, sie kann eh schon alles. Und was will man auch von einem Mentor erwarten, der als Pädagoge versagt hat und seinen eigenen Neffen abmurksen will, weil dieser eine Empfänglichkeit für die dunkle Seite der Macht zeigt? Han Solo ist nur noch ein wirrer Trottel, der sein Leben nicht auf die Reihe kriegt und offenbar ständig sein Raumschiff verliert. Zusätzlich bekommt er von Jungspund Rey gezeigt, wie man die Schrottmühle richtig fliegt.
Prinzessin Leia, so stellt es sich heraus, ist natürlich die viel bessere Lehrerin für Rey, weil sie von Luke trainiert wurde und ihn irgendwann übertrumpft hat. Inklusive Flug durch den Weltraum in Superman-Pose.
Der Schaden, den man mit dieser Demontage anrichtet, ist immens. Nicht nur verärgert das die Langzeit-Fans, es überträgt auch ein schlechtes Gefühl auf die neuen Helden, die eigentlich von der Interaktion mit den Altstars profitieren sollten.
Gut, dass der alternde Harrison Ford in keinem Action-lastigen Blockbuster mehr die Hauptrolle spielt. Hüstel, hüstel.
Lucasfilm hat es damit auch verpasst, das legendäre Trio ein letztes Mal zusammenzubringen. Die ganze Filmreihe ist eine Ansammlung verpasster Pay-offs und nun, da Carrie Fisher tatsächlich verstorben ist und die Filmcharaktere von Mark Hamill und Harrison Ford auch das Zeitliche gesegnet haben, hat sich diese Tür für immer geschlossen. Aber wer weiß, vielleicht entdeckt ja Star Wars noch das Multiversum für sich.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in Hollywood niemanden mehr gibt, der sein Handwerk versteht. Niemanden, der weiß, wie man ikonische Figuren konzipiert und ein Gespür für intelligentes Storytelling hat. Es sind garantiert solche Talente vorhanden, die erhalten aber wahrscheinlich keine Chance in big machine. Dazu kommt der Druck, unter denen Studios wie Disney stehen. Bei den aktuellen Budgets für Blockbuster schmerzt ein finanzieller Mißerfolg an den Kinokassen besonders. Natürlich ist dann die Versuchung groß, Bewährtes zu recyclen und nicht vom vermeintlich sicheren Pfad abzuweichen. Aber hätten die Filme und nun auch die Serien deshalb so schlecht werden müssen? Ist man gleichzeitig dazu gezwungen, gesunden Menschenverstand, innere Logik und Einfallsreichtum auszuschalten?
Ich bin mir sicher, selbst diese Sequels hätte man durch einige Änderungen hier und da zu besseren Filmen machen können. Selbst, wenn man die übergeordnete Storyline beibehalten hätte.

Jetzt weiß ich auch nicht weiter. Würde ich mir einen neuen Film mit Rey ex-Palpatine jetzt Skywalker im Kino ansehen? Die Sequels haben bewirkt, dass mich ihr Tun und Handeln nicht sonderlich interessiert. Was kann es nach dem Sieg über das absolut Böse in Form von Imperator Palpatine für sie noch an Aufgaben geben? Wenn es einen noch größeren und böseren Gegenspieler geben sollte, war Palpatine dann just another Bond Villain?

Ihr Schicksal ist mir damit egal.

Gemessen an dem, was eine Fortführung kosten würde und wie gespalten die Fangemeinde diesbezüglich ist, wird Disney mit größter anzunehmender Wahrscheinlichkeit auf Sicht fahren. Etwas radikal Neues, Bahnbrechendes wird nicht zu erwarten sein.

Ukraine – ich muss das jetzt sagen

Die Ukrainer haben aufopferungsvoll gegen eine militärische Übermacht gekämpft. Weitaus mehr als man ihnen zugetraut hätte. Aber man muss auch akzeptieren, wenn der Kampf verloren ist. Daran ändern auch ein paar alte MiGs nichts mehr, die man per Verschiebebahnhof in das Kriegsgebiet bringen möchte. Das hätte alles früher passieren müssen, wenn man es denn gewollt hätte.
Putin kann sich nur selbst stoppen. Oder er wird durch eine Palastrevolte gestoppt. Das ist aber unwahrscheinlich, wenn man die Horde von gleichgeschalteten Apparatschicks in seinem Umfeld sieht. Auf die Oligarchen braucht man nichts geben. Sie walten nur von Putins Gnaden. Wird einer aufmüpfig, landet er im Lager oder stirbt unerwartet an einer Vergiftung. Und wenn einer dann nur noch 20 statt 40 Milliarden auf dem Konto hat, lässt es sich damit auch noch gut leben. Die russischen Mütter? Wo in 100 Jahren Sowjetregime mit Millionen Toten (ja, auch ohne Deutschland als Urheber) haben denn russische Mütter auch nur irgendwas bewirkt? Wenn es hart auf hart kam, haben diese Mütter schon immer ihre Söhne für die Verteidigung von Mütterchen Russland hergegeben. Nicht selten mit Stolz.
Wirtschaftliche Sanktionen? Wen sie wirklich treffen, sehen wir gerade. Und in Peking kommt man aus dem Lachen nicht heraus. Es ist auch kein Zufall, dass sich zum Beispiel Indien der Stimme enthalten hat. Abschieberitis von russischen (Putin-nahen) Künstlern und Beenden zweifelhafter Sponsorenverträge – irgendwo verständlich, aber auch nur ein symbolischer Akt und Ausdruck einer unausgesprochenen Ohnmacht.

Es wird Zeit zu realisieren, dass wir in Europa und speziell in Deutschland nicht mehr am längeren Hebel sitzen. Das ist eine schmerzhafte Erkenntnis, aber sie ist offenbar notwendig. Ich bin gespannt, was wir daraus machen werden und wohin das führt.

Ja die Ukraine ist verloren und ja, das hätte alles nicht sein müssen. Kein Zivilist welchen Geschlechts und welchen Alters sollte das durchmachen. Vor allem nicht im Jahr 2022 im ach so befriedeten Europa (ja, Europa reicht bis zum Ural). Aber es ist jetzt so und wir haben keine Antworten.
Wir können nicht einmal verhandeln, denn wir haben nichts, was Putin nicht ohnehin in den Schoss fällt oder für ihn überhaupt von Interesse ist. Von daher schön, dass er ab und zu mit Macron telefoniert, um seinen Spaß zu haben, aber etwas Zählbares kommt dabei nicht heraus.
Aber der Mehrheit hier ist nun mal das Hemd näher als die Hose. Die Solidarität mit der Ukraine fällt in dem Maße wie die Spritpreise steigen. Ein zerbombtes Europa? Nicht für Kiew.
Ja, kann sein, dass diese Konfrontation ohnehin kommen wird, aber dann hätten wir jetzt wenigstens die Zeit, um uns darauf vorzubereiten. Ich bezweifle aber, dass gutes Geld in Form von 100 Mrd Euro Sonderinvestition (wo man die wohl gefunden hat?) auf die Bundeswehr geworfen, eine zielführende Maßnahme ist – auch wenn ich immer für eine starke Armee plädiert habe. Die ganzen Berater noch aus der Zeit von Frau v.d. Leyen werden sich freuen. Neue sinnlos-Projekte und Waffensysteme, die in so einem Konflikt nichts taugen. Und überhaupt, kein Panzer und keine Rakete werden gegen den Klimawandel oder auch die Vorherrschaft Chinas etwas ausrichten.

Landtagswahl Sachsen Anhalt 2021 – Versuch einer Interpretation

Das war sie nun, die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt 2021 und somit letzter Stimmungstest vor der Mutter aller Wahlen – der Bundestagswahl im September. 1.8 Millionen Wahlberechtigte und eine Wahlbeteiligung, die einer demokratischen Überzeugung spottet. Sollte der Ostbeauftragte mit seiner Kritik nicht sogar Recht gehabt haben?
Aber gehen wir die Ergebnisse der

CDU

Wie auch immer das Stimmenplus zustande kam: Respekt dafür. Leader of the Gang. Und das obwohl Maskendeals, Laschet und eine generelle #niewiederCDU Grundstimmung herrschten.
Größtenteils dürfte der Amtsbonus von Reiner „David“ Haselhoff und sein gepflegtes Image als treusorgender Landesvater für ein paar Prozentpunkte mehr gesorgt haben. Ich persönlich finde den Mann ja eher blass, aber bei CDU Wählern weiß man ja sowieso nie so genau, wie die ticken. Dazu ein unausgesprochener Konsens, dass die AfD kleingehalten werden muss, indem man der regierenden Partei seine Stimme gibt.
Wenn jetzt ein Angebot der Brunnenvergifter aus der AfD zwecks „bürgerlicher“ Koalition kommt, kann man aber mal austesten, was die angebliche Geschlossenheit der CDU und das Versprechen einer Brandmauer gegen die AfD wert ist. Gerade das sehen viele Haseloff Kollegen anders als ihr Chef.

AfD

Irgendwas um 20 Prozent reichte dann doch nicht für die Machtergreifung. Ist aber immer noch viel zu viel. Um sich nichts vorzumachen: Unter den 20 Prozent mögen einige Wutwähler dabei sein, aber Sachsen-Anhalt ist nicht nur Osten sondern spezieller Osten. Da wählt ein Großteil aus kackblauer Überzeugung, obwohl es angeblich das Land der Frühaufsteher ist. Mit Protest hat das dann nicht mehr viel zu tun.

Die Linke

Das einstige Alleinstellungsmerkmal der „Stimme des Ostens“ hat man an die, hört hört, AfD und CDU verloren. Das Spitzenpersonal reißt es nicht und die Partei sowie ihre Wähler sind in die Jahre gekommen. Nachwuchs ist nicht in Sicht und Henning-Wellsow ist bundesweit ohne Format. Aus eigener Kraft scheint es der Landesverband in Sachsen-Anhalt aber nicht zu schaffen.

SPD

Eine beängstigende Schrumpfung und am Ende steht das Schicksal einer Splitterpartei. Woran liegt es? Das wüssten die Genossen im Willy Brand Haus auch gern. Für eine Koalition dürften 8 Prozent reichen, aber das ist nichts, worauf man langfristig aufbauen kann. Die Genossen brauchen unbedingt wieder einen Markenkern, wollen sie in der Parteienlandschaft noch wahrgenommen werden.

FDP

Glückwunsch FDP. Wieder mal im Landtag vertreten. Wozu weiß allerdings auch niemand. Vor allem nach der Kemmerich-Nummer in Thüringen vor einem Jahr witzeln die Ersten schon, wann die FDP von CDU und AfD ein gewissen Angebot erhält.

B90 / Grüne

Ergebnis verbessert und dennoch „verloren“. Irgendwas um 6 Prozent kann nicht der Anspruch einer Partei sein, die in den bundesweiten Umfragen knapp auf Platz 2 liegt. Es ist eben der Osten und was auch immer sich die Grünen einreden (lassen): abgesehen von Berlin sind sie im ostdeutschen Land nur eine Randnotiz. Und Berlin ist nicht der Osten. Klima- und Umweltschutz ziehen hier nicht, den Kampf gegen Rechts verbindet man nicht mit den „Ökonazis“ und Baerbocks naives und unprofessionelles Auftreten in den letzten Wochen hat auf die Wählerstimmung abgefärbt.

Alles unter 5 Prozent

Die Basis und wie diese anderen Corona-Schwurbelfritzen alle heißen mögen, kamen nicht zum Zug. Wahrscheinlich hatten ihre angepeilten Wähler mit der Suche nach Impfterminen zu tun. NPD und andere nationale Sozialisten sind zwar weg vom Fenster, haben ihre Stimmen aber eben an die AfD abgegeben. Freie Wähler spielen eher auf kommunaler Ebene eine Rolle.

Und was heißt das nun?

Wenn man in den Bundeszentralen der großen Parteien nur wüsste, wie dieses Ergebnis einzuordnen ist …
Nichtsdestotrotz wird schon einmal gedeutelt und getönt, obwohl jeder weiß, dass sich Sachsen-Anhalt nicht als Blaupause eignet. Es hat sich nur wieder gezeigt, dass die Menschen dort eben – speziell sind (um das mal höflich zu formulieren).
Durch Pandemie und Lockdown sieht man ohnehin alles verschwommen und wie im Nebel. Es war schwer auszumachen, ob es überhaupt Themen gab, die die Menschen umtreiben und wenn ja, wie stark diese mit Parteien in Verbindung gebracht wurden. Schon dass man der CDU eine Kümmererrolle für Ostbelange zuschreibt, spricht verstörende Bände. Dachte man doch eher, das schwarze Personal kümmere sich hauptsächlich um einträgliche Maskendeals.
Kann sich Armin Laschet nun beruhigter fühlen, weil die CDU das Siegen nicht verlernt hat? Weil ein ähnlich farbloser Ministerpräsident wie er zur Integrationsfigur taugt?
Freut sich Herr Söder in Bayern für die Schwesterpartei?
Ist auch bei der Bundestagswahl ein vergleichbares Ergebnis für die AfD drin?
Ist der grüne Annalena Zug nun entgleist, wie Friedrich Merz (kann den bitte mal jemand abschalten?) frohlockte?
Dürfen die Freien Liberalen wieder träumen? Von geplatzten Koalitionsverhandlungen, weil man lieber wieder nicht regieren will?
Beißen sich die Linken in den Arsch, weil sie Sarah Wagenknecht hätten haben können, aber stattdessen Henning-Wellsow und Wissler auf Geisterfahrt schickten?

Fragen auf die es vielleicht in etwas mehr als 100 Tagen Antworten geben wird.

In epidemischen Zeiten

Leute, vor 20-25 Jahren habt ihr es entschieden: ausufernder Konsum basierend auf global dahingaloppierender Marktwirtschaft. Ungehemmter Austausch von Menschen und Material. Die persönliche Sinnsuche im indischen Jogi-Schrein und Schnorcheln am Roten Meer. Bio-Knoblauch aus China und Familienzusammenführungen in Lateinamerika. Es muss doch allen klar gewesen sein, dass das keine Einbahnstraße ist. Nur die Vorteile mitnehmen und die Nachteile ausklammern – das funktioniert eben nicht.
Wer sich bis zur Oberkannte Unterlippe diesem System verschrieben hat, fürchtet jetzt natürlich rigide Maßnahmen und kann daher auch keinen Quarantänen für ganze Städte, Reisebeschränkungen oder Absagen von Veranstaltungen zustimmen. Ich habe den Namen nicht mehr parat, aber der Chef eines Tourismuswirtschaftsverbandes hat angemahnt, dass doch bitte das Geschäft am Laufen gehalten werden soll. Ein paar Erkrankte und Tote dürften nicht das Wirtschaften gefährden. Was wäre erstmal los, wenn das Wirtschaftswachstum sich abschwächt oder sogar ins Negative verkehrt? Diese Denkweise ist gleichzeitig konsequent und bitter.
Herr Spahn sagt, sein Ministerium und er sehen keinen Sinn darin, ganze Städte abzuriegeln und das „öffentliche Leben lahmzulegen“. Dass die Chinesen durch genau dieses Vorgehen uns Zeit erkauft haben (die wir hätten besser nutzen können), wird nicht erwähnt oder wenn, dann in Abrede gestellt. Dabei geht es nur um eins: solange wie möglich das System am Laufen zu halten, Kapital und Waren umzusetzen. Noch schnell den letzten Euro mitnehmen. Wofür eigentlich? Der Autor Micky Beisenherz hat das in einem Twitter-Tweet sehr gut auf den Punkt gebracht. Solange in Deutschland keine Fußball-Bundesliga-Spiele abgesagt werden, herrscht hier der Normalfall. Absagen der Karnevalsveranstaltungen wie in Venedig? Niemals. Jetzt sucht man die 300 Teilnehmer einer Sitzung und deren x Kontakte, weil man ja nicht ahnen konnte, dass sich ein Virusträger auf dem Karneval herumtreibt. Lassen sie sich diese Begründung noch einmal durch den Kopf gehen.
Harald Schmidt hat nach dem 11. September 2001 gesagt, wie beruhigend es doch auch gewesen sei, dass diese ganze Medienmaschine nach dem Anschlag auf das World Trade Center (die Älteren erinnern sich) für zwei Wochen in die Zwangspause gegangen ist. Man könne aber auch nicht immer gleich zwei Wolkenkratzer dafür in Asche legen. Wie wahr, wie wahr.

Ganz ehrlich, etwaige Unterbrechungen von Lieferketten interessieren mich nur, wenn sie Lebenswichtiges betreffen. Beispielsweise Medikamente (da habe ich den Engpass schon erfahren dürfen, da die Wirkstoffe dafür in Zentralchina hergestellt werden). Ob darunter auch Autoteile oder Klamotten fallen, muss jeder mit seiner eigenen Prioritätenliste abklären. Wie verlautbart wurde, verzögert sich nun auch die Einführung des neuesten iphone Modells. Dass das eine Topmeldung ist, drückt den herrschenden Zeitgeist treffend aus.
Früher war Berlin (als es noch Frontstadt war) stolz auf seine „Senatsreserve“. Da wirkte noch die Berlinblockade 1948/49 nach. Fragen sie heute mal einen Logistikmanager über Lagerhaltung. Das ist schon seit Jahren nicht mehr „in“. Die ganzen Großlager von einst befinden sich heute auf Containerschiffen und in LKWs auf der Straße. Mittlerweile sind Desinfektionsmittel in deutschen Apotheken und Drogerien Mangelware, auf Amazon und Ebay tummeln sich die Kriegsgewinnler (so nannte man das früher) und rufen für Atemschutzmasken Wucherpreise auf. So sieht die „gute Vorbereitung“ in Deutschland aus. Es ist nicht so, dass die Verantwortlichen die Situation nicht kennen – es wird einfach nur gepokert und gehofft, dass man mit diesem Bluff oder der Selbsttäuschung irgendwie durchkommt. Bei den Chinesen wundert mich das nicht, insgesamt zählt da ein Menschenleben nicht viel. Die Ware Mensch ist im Überfluss vorhanden und problematisch wird es nur, wenn das Wirtschaftswachstum oder die Macht der Volkspartei in Gefahr gerät. Dass wir hier so offensichtliche Anzeichen derselben Vogel-Strauß-Taktik und Leck-mich-Mentalität erleben, überrascht mich zumindest in dem Maße ihrer Zurschaustellung.

Ich muss auch was gestehen: ich bin kein Experte in dem Bereich. allerhöchstens Hobby-Virologe und geschichtlich an dem Thema interessiert. Die Maßnahmen und Methoden, mit denen man jetzt auf die Epidemie – und es ist hier völlig unerheblich, ob man jetzt Pandemie sagen darf/sollte oder nicht – reagiert, wurden schon im ach so dunklen und rückständigen Mittelalter erfunden und erprobt. Das einzige Problem der damit befassten Menschen war ihr unzureichender Wissensstand über Viren und Übertragungswege an sich beziehungsweise ihre eingeschränkten Möglichkeiten des Machbaren. Schnelles Temperaturmessen durch einen massenhaft verfügbaren Scanner? Labortest durch Rachenabstrich? Mal eben das Rattenproblem in den Städten lösen? Unmöglich. Und dennoch haben sie die Zusammenhänge gesehen und mit Quarantänen, Isolierungen und Unterbrechungen der Handels- und Warenströme zu reagieren versucht. Seit 650 Jahren haben wir das Besteck an Maßnahmen nur graduell weiterentwickelt, nicht unbedingt strukturell. Vor allem nach SARS 2002/2003 hätte ich gedacht, dass wir weiter sind. Vor allem im Zusammenwirken über Ländergrenzen hinweg, wo wir doch die großartige EU haben. Während man hier irritiert ist, dass auch Italien zum Mittel der großflächigen Abschottung greift, begrüßt die WHO genau dieses Vorgehen. Während ein Bahn-ICE an der österreichischen Grenze aufgrund von Verdachtsfällen gestoppt wird, fährt der Flixbus munter weiter. Merke: auch Viren haben ihren Stolz und reisen nur per Zug.
In Singapur oder Japan klappt es doch auch. Vorbildliche Rundumversorgung und Information in Singapur, flexible Arbeitszeitenregelung in Japan. Und Deutschland? Zu schwerfällig, zu bürokratisch, einfach zu satt. Als die Chinesen zwei Spezialkrankenhäuser mit einer Bettenkapazität von 2.300 in nur wenigen Tagen errichteten, taten sich hier nur die üblichen Bedenkenträger hervor und fragten hämisch nach Umweltschutz, Baugenehmigung und Mindestlohn bzw. Sinnhaftigkeit einer solchen Virenbrutstätte. Als ob diese aus der Not geborenen Gebäude einem typischen chinesischen Klinikbau entsprechen würden. Dass in Wuhan einfach nur die Kacke am Dampfen war, für soviel Einsicht und Empathie reichte es in Deutschland nicht. Manchmal schämt man sich für diesen Haufen von degenerierten Dumpfbacken und Besserwissern hier.
Was hat man sich mokiert, als es nach dem verheerenden Hurrikan Katrina in New Orleans zu Plünderungen ein Einbrüchen kam. Typisch, dieser Neger. Wie planvoll und überlegt die heimische Bevölkerung handelt, sieht man ja in den Regalen der Lebensmitteldiscounter und Drogerien.

Und bitte, lasst dieses Politiker-Bashing. Wenn wir uns schon ehrlich miteinander machen, gehört auch diese Wahrheit dazu: jedes Land wird von den Politikern regiert, die es verdient (die 5 € klingeln gerade im Phrasenschwein). Außerdem sind sie nur das nach Außen sichtbare Symptom des Zustandes unserer Gesellschaft. Hattet ihr denn vor Corona und Co. ein Problem mit der Globalisierung? Habt ihr auch immer schön in die Armbeuge geniest und nach dem Klogang die Hände gewaschen? Bei den Streiks gegen Budgetkürzungen von Krankenhauspersonal und/oder Ärzten – wart ihr da auf der unterstützenden oder auf darüber schimpfenden Seite?

Ich sollte mehr von Richard David Precht lesen

Nein, ernsthaft. Ich glaube, ich lese oder höre noch zu selten etwas von Richard David Precht.

Ich finde die Denkanstöße zum Beispiel bei den 2 neuen Pandas, die Berliner Zoo und Tierpark geschenkt bekommen, gut und nachdenkenswert. Nicht immer gleich Fundamentalposition beziehen, sondern auch ein paar Meilen in den Schuhen des anderen laufen.

http://www.dw.com/de/richard-david-precht-wir-tun-der-natur-keinen-gefallen/a-39281944