Star Wars ist tot – Warum Disney, warum?

Disney und Star Wars – da ist etwas zusammengekommen, was nie zusammenkommen hätte dürfen.

Eins der größten, angesehensten und respektiertesten Franchises in der Geschichte des Kinos – ruiniert. Das muss man erst einmal schaffen.
Die Sequels sind die Totengräber der gesamten Filmreihe und lassen selbst die von den Fans geschmähten Prequels wie cineastische Meisterwerke aussehen. Ich verspüren den inneren Drang, einen Charakter wie Jar Jar Binks zu mögen und mir ein Spin-Off des liebenswürdigen Doofkopps zu wünschen!
Dazu kommt die Flut an TV-Serien, die dann bei Disneys Streamingplattform versendet werden. Abgesehen von Andor ist das Meiste Mittelmaß oder einfach nur schlecht (Obi Wan Kenobi). Mittlerweile kann man diese Produkte nicht mehr konsumieren, ohne sich auf Nerd-Level im Franchise auszukennen. Es ist alles nur noch Selbstreferenz.

Noch vor den Sequels haben die Fans gedacht: was für gigantische Möglichkeiten stehen den Verantwortlichen zur Verfügung! Welche Chancen hätten sich mit der finanziellen Power von Disney ergeben? Was für hungrige Schauspieler, geniale Drehbuchschreiber und phantastische Plots hätten wir haben können? Dazu würdevolle Abgänge von beliebten und etablierten Alt-Stars.

Nichts von dem ist wahr geworden oder eingetreten.

Und ich frage mich bis heute, ob das aus reiner Dummheit und Unfähigkeit oder aus purer Absicht passiert ist? War es nur eine zufällige Zusammenkunft von Ereignissen oder steckt da ein System dahinter?

Der erste Teil der Fortsetzungen, „Das Erwachen der Macht“ war tatsächlich an den Kinokassen erfolgreich und man hat sich von diesem Erfolg blenden lassen. Allerdings gibt es handfeste Gründe für das Einspielergebnis und diese haben nur wenig mit dem Film an sich zu tun. Erstens war es bei seinem Erscheinen auch schon wieder 10 Jahre her, dass der abschließende Teil der George Lucas Prequels im Kino lief. Die Leute hatten einfach wieder Bock auf Star Wars und keinen Bock mehr auf George Lucas (oh wie hat sich alles geändert). Zweitens stellte sich dieser Film als dreistes Remake von „A New Hope“ aus dem Jahre 1977 heraus. Bei Disney muss man sich gedacht haben: besser bei einem guten Film geklaut als einen schlechten selbst gedreht. Ich weiß, Erfolgsdruck und Sicherheitsdenken, aber wurde denn Disney gezwungen, mehrere Milliarden Dollar für die Rechte hinzublättern?
Man sieht diesem Ergebnis die zugrunde liegende Faulheit und Einfallslosigkeit in jeder Sekunde an, so dass sein kommerzieller Erfolg erst recht eine Schande ist.

Trotz des konventionellen und betulichen „The Force Awakens“ hielt sich bei mir immer noch die Hoffnung, dass wir von den neuen Figuren etwas zu erwarten hätten, wenn nur beim Nachfolger die Handbremse gelöst wird. Doch mit „The Last Jedi“ ist die Flamme der Hoffnung endgültig erloschen. Dieser Film ist ein einziger Stinkefinger in Richtung der alten Fans. Es gibt genügend Reviews, die dieses Machwerk stundenlang auseinandernehmen. Schaut einfach bei Youtube nach.
Nur soviel: da wartet man 35 Jahre, ja 35 verdammte Jahre, um mit Luke Skywalker einen der größten Helden des Franchise wieder in Aktion zu sehen – und was bekommt man? Einen verbitterten, alten Mann, der sich aufgegeben hat. Zurückgezogen auf einer einsamen Insel lebend wartet er nun auf den Tod, während er grüne Milch von drolligen Space-Seekühen trinkt. Das tat richtig weh. Danke Lucasfilm, Danke Disney. Ihr wisst eben, was das Beste für die Zuschauer ist.
Dieser Jedi-Ritter hat zuvor allen Gefahren unerschrocken ins Auge geblickt, jede Herausforderung angenommen und seine Freunde nie im Stich gelassen. Nebenbei hat er dann auch noch die Galaxis gerettet. Diese griesgrämige Version von Luke Skywalker muss förmlich dazu gezwungen werden, der jungen Rey eine zweitägige Unterweisung in der Macht zuteil werden zu lassen. In der höchsten Not sorgt der Regisseur für einen gehörigen Mindfuck, als Luke scheinbar doch noch in den Endkampf eingreift. Stellt sich allerdings heraus, dass der alte Betrüger sich mittels einer Art Zoom-Meeting für Jedi auf den Planeten projiziert. Danach stirbt er recht unspektakulär an Auszehrung. Da hätte er mal besser eine Flatrate buchen sollen. Abgesehen von diesem traurigen Ende einer einstigen Heldenfigur – zu welchem Zeitpunkt ist uns eigentlich mitgeteilt worden, dass die Jedi diese Avatar-Nummer im Programm haben? Lazy, shitty Booking!

Es folgt ganz großes Kino, was stellvertretend für den ganzen Film steht:

Auf auf und davon

Kleiner Tipp an Disney bzw. Lucasfilm: es könnte hilfreich sein, wenn man sich im Vorfeld zusammensetzt, um so eine Filmreihe konzeptionell zu durchdenken. Danach sucht man sich die Regisseure aus, von denen man meint, dass sie dieses Konzept am besten umsetzen. Noch besser, wenn man ihnen Leitregeln gibt, was storytechnisch geht und was nicht. Nicht andersrum. Es ist ja schön und gut, dass Regisseur Johnson seine ganz „eigenen Ideen“ hatte und Star Wars von allem befreien wollte, was es im Grunde ausmacht. Dazu den Vorgänger negiert und seine eigene Geschichte erzählt.
Nur warum darf dann so jemand überhaupt einen Star Wars Film drehen? Was ist der Sinn?

Star Wars 9 ist dann auch die meiste Zeit damit beschäftigt, die vermeintlichen Fehler aus Star Wars 8 zu reparieren. So hat er dann gar keine Zeit und Möglichkeit, ein eigenständiger Film zu sein. Wo er es dann doch ist, wird es albern – weil J.J. Abrams wie zu Beginn der Sequels auf Nummer Sicher geht. Die Rückkehr von Imperator Palpatine ist der definitive kreative Bankrott. Dieses lazy, shitty Booking entwertet die Originalfilme (vor allem „Die Rückkehr der Jedi“), Lukes Heldenreise, Darth Vaders Sacrifice und Palpatines Ende mehr als es Ryan Johnson mit seinem großen Stinker je geschafft hätte. Der Film ist in seinem andauernden Versuch von Fanservice sowas von plump und dumm. Ja, ich möchte ganz fest daran glauben, dass es hauptsächlich an den Schwierigkeiten hinter den Kameras lag, aber wahrscheinlich hätte Abrams auch unter besten Bedingungen denselben Film gedreht. Dass mittendrin Carrie Fisher gestorben ist, war vielleicht auch nicht unbedingt hilfreich.

Über die Filme hinweg haben es alle Beteiligten nicht geschafft, eine kohärente Geschichte zu erzählen oder aus den handelnden Personen Charaktere mit Identifikationspotential und Eigenständigkeit zu machen. Die Figurenzeichnung ist weder glaubhaft noch einnehmend. Bei einigen Rollen ist sie nicht einmal vorhanden wie zum Beispiel General Hux oder Captain Phasma. Zumindest kann sich Gwendoline Christie nun damit brüsten, in Star Wars mitgespielt zu haben.
Rey, Poe, Fynn – sie sind einfach nur da, weil das Drehbuch sie braucht. Sie tun Dinge, weil das Drehbuch es verlangt und der Film nicht nur Special Effects und Landschaften zeigen kann. Ihre Motivationen und Verhaltensweisen sind, sofern denn sichtbar, unveränderlicher Natur. Keinem Charakter wird eine Entwicklung zugestanden. Ihre Beziehungen zueinander und anderen Menschen werden nie erklärt – etwas, worauf in den Originalfilmen besonders Wert gelegt wurde.

Die alten Helden werden nur noch für Nostalgia und Etablierung der neuen Stars zurückgebracht. Das ist an sich nicht verkehrt. Dafür sind Schauspieler in dieser Phase ihrer Karriere nun mal da. Es kommt halt immer darauf an, wie man das anstellt. Lässt man die Figuren intakt und verschafft ihnen einen würdigen Abgang, zahlt sich das auch für die nächste Generation aus. Die Übergabe des Staffelstabes sozusagen. Hier aber lässt man sie Dinge tun (oder auch nicht-tun) und sagen, die in völligem Kontrast zu dem stehen, was wir von der Person kennen. War Obi Wan Kenobi für Luke Skywalker noch Vaterersatz und Mentor, so ist genau dieser Luke Skywalker für Rey nur noch ein alter Mann, den man vorführen kann. Beibringen braucht er ihr nichts mehr, sie kann eh schon alles. Und was will man auch von einem Mentor erwarten, der als Pädagoge versagt hat und seinen eigenen Neffen abmurksen will, weil dieser eine Empfänglichkeit für die dunkle Seite der Macht zeigt? Han Solo ist nur noch ein wirrer Trottel, der sein Leben nicht auf die Reihe kriegt und offenbar ständig sein Raumschiff verliert. Zusätzlich bekommt er von Jungspund Rey gezeigt, wie man die Schrottmühle richtig fliegt.
Prinzessin Leia, so stellt es sich heraus, ist natürlich die viel bessere Lehrerin für Rey, weil sie von Luke trainiert wurde und ihn irgendwann übertrumpft hat. Inklusive Flug durch den Weltraum in Superman-Pose.
Der Schaden, den man mit dieser Demontage anrichtet, ist immens. Nicht nur verärgert das die Langzeit-Fans, es überträgt auch ein schlechtes Gefühl auf die neuen Helden, die eigentlich von der Interaktion mit den Altstars profitieren sollten.
Gut, dass der alternde Harrison Ford in keinem Action-lastigen Blockbuster mehr die Hauptrolle spielt. Hüstel, hüstel.
Lucasfilm hat es damit auch verpasst, das legendäre Trio ein letztes Mal zusammenzubringen. Die ganze Filmreihe ist eine Ansammlung verpasster Pay-offs und nun, da Carrie Fisher tatsächlich verstorben ist und die Filmcharaktere von Mark Hamill und Harrison Ford auch das Zeitliche gesegnet haben, hat sich diese Tür für immer geschlossen. Aber wer weiß, vielleicht entdeckt ja Star Wars noch das Multiversum für sich.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in Hollywood niemanden mehr gibt, der sein Handwerk versteht. Niemanden, der weiß, wie man ikonische Figuren konzipiert und ein Gespür für intelligentes Storytelling hat. Es sind garantiert solche Talente vorhanden, die erhalten aber wahrscheinlich keine Chance in big machine. Dazu kommt der Druck, unter denen Studios wie Disney stehen. Bei den aktuellen Budgets für Blockbuster schmerzt ein finanzieller Mißerfolg an den Kinokassen besonders. Natürlich ist dann die Versuchung groß, Bewährtes zu recyclen und nicht vom vermeintlich sicheren Pfad abzuweichen. Aber hätten die Filme und nun auch die Serien deshalb so schlecht werden müssen? Ist man gleichzeitig dazu gezwungen, gesunden Menschenverstand, innere Logik und Einfallsreichtum auszuschalten?
Ich bin mir sicher, selbst diese Sequels hätte man durch einige Änderungen hier und da zu besseren Filmen machen können. Selbst, wenn man die übergeordnete Storyline beibehalten hätte.

Jetzt weiß ich auch nicht weiter. Würde ich mir einen neuen Film mit Rey ex-Palpatine jetzt Skywalker im Kino ansehen? Die Sequels haben bewirkt, dass mich ihr Tun und Handeln nicht sonderlich interessiert. Was kann es nach dem Sieg über das absolut Böse in Form von Imperator Palpatine für sie noch an Aufgaben geben? Wenn es einen noch größeren und böseren Gegenspieler geben sollte, war Palpatine dann just another Bond Villain?

Ihr Schicksal ist mir damit egal.

Gemessen an dem, was eine Fortführung kosten würde und wie gespalten die Fangemeinde diesbezüglich ist, wird Disney mit größter anzunehmender Wahrscheinlichkeit auf Sicht fahren. Etwas radikal Neues, Bahnbrechendes wird nicht zu erwarten sein.

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