Dune 2021 – Mein Gott, ich will meine Lebenszeit zurück

Wie angekündigt, wird die Fortsetzung zu Dune 2021 nun doch nicht mehr 2023 in den Kinos gezeigt, sondern ist auf irgendwann 2024 verschoben. Grund ist der noch immer andauernde Streik in Hollywood und damit verbunden das Verbot für Schauspieler, den Film zu bewerben. Und bei Blockbustern dieser Größenordnung geht ohne Werbung nichts mehr, zumal das Einstiegswerk jetzt auch kein Mega-Erfolg an den Kinokassen war.

Um genau zu sein, muss ich mir jetzt auch echt überlegen, ob ich mit den zweiten Teil überhaupt noch antue. Schon die 2021er Version hat mir 2,5 Stunden Lebenszeit regelrecht gestohlen. Der Film lebt nur von seinem Hype. Lässt man das ganze Brimborium um die literarische Vorlage, die großen Namen und die 6 Oscars weg – dann bleibt ein zwar schön photographierter und phantastisch ausgestatteter aber ebenso überlanger wie langweiliger Film übrig.

Nun sagen viele Leute, dass David Lynch mit seiner 1984 in den Kinos erschienenen Verflimung von Dune krachend gescheitert sei. Ihm wäre es nicht gelungen, die Komplexität des Ausgangsmaterials glaubhaft umzusetzen. Der Film wäre darüber hinaus cheesy. Ja, dem kann man allem zustimmen (muss aber nicht). Allerdings folgen hier auch viele Aber. Lynch hatte nur einen Spielfilm mit Überlänge zur Verfügung, um Herberts Dune-Kosmos zu erzählen. Soweit ich weiß, ist der Film auch ein Opfer des nachträglichen Schnitts. Eine Stunde Laufzeit soll dabei weggefallen sein. Da wäre man doch mal auf den Directors Cut gespannt. Dass sich die Studios und Produzenten in die künstlerische Arbeit von Regisseuren und anderen Kreativen einmischen, ist also kein Phänomen der Neuzeit.
Dennoch erschafft David Lynch einen Film, der vom Look and Feel her einzigartig ist. Er bringt im Wesentlichen die ganze Geschichte in einem Film unter und fügt weitere Elemente noch hinzu. Villeneuve hingegen benötigt zwei Filme (mindestens) und lässt (bisher) bei den Fans beliebte Gimmicks weg. Ich weiß, er will sich enger an der literarischen Vorlage orientieren, aber bei wem will er damit punkten? Zu gern hätte ich einen Gilde Navigator gesehen, der in der 1984er Realisierung einer der Höhepunkte des Films war. Die Spice-Droge ist die absolut grundlegende Substanz dafür, dass es überhaupt Navigatoren gibt. Ohne Navigatoren ist wiederum die interstellare Raumfahrt nicht möglich. Ohne die interstellare Raumfahrt würde es also auch kein Imperium, wie es der Film kennt, geben. Spice kommt nur auf Arrakis vor, weshalb sich alles um diesen Wüstenplaneten dreht. Regisseur Villeneuve erzählt uns hier aber lieber eine Geschichte, die das alles in den Hintergrund drängt und eher als ein Survival-, Kriegs- und Religionsfilm daherkommt. Ganz ehrlich, das könnte auch Black Hawk Down sein.

Die Charaktere bleiben in ihrer Interaktion mit anderen Charakteren blass. Wer, was, wann und warum macht ist nicht nachvollziehbar. Dabei hat die Romanvorlage alles, aber auch wirklich alles zu bieten, was diesen Film zu einem Game of Thrones im Weltall machen könnte.
Timothée Chalamet wirkt in seiner Rolle, als ob ihn uns Hollwood mit Gewalt aufdrücken will. Als Kind der 1980er ist für mich Kyle MacLachlan der einzig wahre Paul Atreides. Sorry Kid, du langweilst nur.
Oscar Isaac – da sieht man erst einmal, wie lachhaft die Star Wars Sequels in der Figurengestaltung eigentlich sind. Der Mann hat’s drauf, wenn man ihm die entsprechenden Rollen gibt. Rebecca Fergusons Interpretation der Lady Jessica ziehe ich um Meilen der von Francesca Annis vor. Allerdings ist sie mir zu jung. Der Altersunterschied zu ihrem Filmsohn dürfte nur knapp 10 Jahre betragen. Zendaya, ach wie schön leuchten deine blauen Augen. Vielleicht darfst Du im Sequel ja auch noch schauspielern, statt nur für Visionen herzuhalten. Aquaman ohne Zauselbart ist komisch anzusehen, aber Jason Momoa ist hier ganz okay. Leider leider ist sein Duncan Idaho im Film einfach nur da und als er dann heroisch stirbt, quittiere ich das mit einem Schulterzucken. Machs gut Momoa, wir sehen Dich dann in Aquaman 2.
Josh Brolin – wie vielschichtig und furchteinflößend war dein Thanos in der Marvel Reihe? Der große Kriegermentat Thufir Hawat erinnert optisch eher an einen britischen General aus dem Zweiten Weltkrieg. Vom genialen Analysten und weitsichtigen Denker sehe ich hier aber nichts. Stellan Skarsgård darf seinen kahlen Schädel zeigen, sich darüberstreichen und dabei mehr oder weniger bedeutungsvolle Phrasen in die Kamera raunen. Aber so richtig weiß ich gar nicht, warum ich ihn als Bösewicht verabscheuen soll. Dasselbe trifft auf Dave Bautista zu. Er zeigt eine beeindruckende physische Präsenz, aber war seine Figur im Jahr 1984 einfältig-brutal, ist 2021 Glossu Rabban nur noch brutal und ein Mann der Tat.

Hans Zimmer ist eigentlich eine feste Bank, was epische Filmmusiken betrifft. Hatte mich Brian Eno 1984 mit seinem sphärischen und bizarren Soundtrack zu Dune echt gekriegt, nervt mich der Score, den Zimmer 2021 beigesteuert hat. Da bleibt wirklich nichts im Gedächtnis, abgesehen von dem verstörenden Dudelsack Intro bei der Ankunft auf Arrakis, dem Kehlkopfgesang bei der Einführung der Sadaukar und dem dauernden Chorgeschrei, wenn Paul als Messias dargestellt wird. Alles muss dabei so krampfhaft an den Orient und den Islam erinnern. Vielleicht hätte Villeneuve einfach etwas aus dem Nahostkonflikt verfilmen sollen?

David Lynch und auch John Harrison, der Schöpfer der 2000er Mini-Serie, haben eigentlich bewiesen, dass es schwer bis unmöglich ist, Frank Herberts Romanreihe zu verfilmen. Es sei denn, man macht ein Franchise wie bei Tolkiens Herr der Ringe daraus. Aber wer geht heute noch so ein Risiko ein? Ich schätze, bei Villeneuve war es die Aussicht auf einen Film, bei dem sich viele Möglichkeiten für gewaltig schöne Bilder und lang andauernde Background Shots ergeben. Hat mal jemand allein die Traumsequenzen gezählt, die Paul vom Fremenmädchen Chani hat? Dazu die Einblendungen des Crysdolches, bis auch der letzte Dummy verstanden hat, dass das ein wichtiges Utensil ist?
Und dann ist da natürlich noch die Wüste, die Villeneuve schon so hingebungsvoll in Blade Runner 2049 gefilmt hat. Obwohl dort Temperaturen von 140 Grad herrschen sollen, schwitzt niemand, gerät niemand außer Atem, hat niemand Sonnenbrand oder auch nur aufgesprungene Lippen.

Warum läuft der Film in einem Tempo ab, das an eine angezogene Handbremse erinnert? Ja, schon klar – der Regisseur nimmt sich „Zeit“, um seine Story zu erzählen. Aber erzählt wird ja nicht wirklich was. Es fühlt sich an, wie ein sehr langer Trailer und am Ende wartet man darauf, dass der Film jetzt endlich beginnt. Macht er natürlich nicht und beim Abrollen der Credits fragt man sich, was habe ich hier eigentlich gesehen?

Ich kann einfach nur hoffen, dass es bei Teil 2 heißt, Leinen los und mit Volldampf voraus. Der Trailer bietet einem ja auch etwas an, aber ich habe Befürchtungen, dass damit schon alle Action-Sequenzen gezeigt wurden. Christopher Walken spielt ja den Imperator und eigentlich ist auf den Meister immer Verlass, aber auch ein Schauspieler von diesem Format kann nur mit dem arbeiten, was ihm gegeben wird. Dasselbe trifft auf Florence Pugh zu. Ich wünsche mir sehr, dass ihre Prinzessin Irulan die entsprechende Screentime und Bedeutung erhält, denn sie hat eine wirkliche Präsenz auf der Leinwand.
Austin Butler übernimmt die Rolle als Feyd Harkonnen, dem psychopathischen aber hochgefährlichen Thronerbe des Hauses Harkonnen. Mit allem Respekt gegenüber Mister Butler, aber kann sich noch jemand an Joaquin Phoenix in Gladiator erinnern? War das ein mal ein ernstzunehmender Gegenspieler für Russel Crowe oder nicht?

Die Sache mit den 10 Oscar Nominierungen und den 6 tatsächlichen Auszeichnungen. Ich bin immer mehr der Meinung, dass solche Preisverleihungen mit höchster Skepsis zu bewerten sind. Ein Oscar ist ein Oscar, da kann keiner was abbeißen. Aber es ist etwas anderes, in einem starken Jahrgang zu triumphieren als Preise einzuheimsen, wenn die Konkurrenz durchschnittlich oder schwach ist. Wie wäre es denn mal, auch gar keine Auszeichnungen und Preise zu verleihen, wenn es das Angebot nicht hergibt.

Alles in allem ist Dune 2021 ein langweiliger Sci-Fi Spielfilm mit zum Teil sehr guten Schauspielern, die sich unter Wert verkaufen müssen, weil ihnen das Script nicht wirklich was an die Hand gibt. Keine der handelnden Figuren ist dazu geeignet, dass wir mit ihr mitfiebern oder sie entschieden ablehnen. Der Film möchte uns unbedingt etwas mitteilen, weiß aber selbst nicht genau, was. Gleichzeitig sagt er uns in erschöpfender Wiederholung, dass hier etwas sehr Bedeutungsvolles und Großes passiert oder noch passieren wird. Wir Zuschauer sind uns aber nicht sicher, ob das wirklich das große Rad ist, an dem gedreht wird. Es fühlt sich nicht so an. Die Photographie ist gut, manche Einstellungen wirklich episch. Aber auch alles sehr distanziert und … kühl, haha. Versteht ihr? Kühl … wegen Wüstenplanet und so. Nichts ruft bei mir eine Resonanz hervor, weil die Bilder, die Räume und Landschaften in keinem Bezug zu dem stehen, was bei den handelnden Menschen passiert.
Letzten Endes bin ich dem Hype auf den Leim gegangen und habe wertvolle Stunden Lebenszeit vergeudet. Andererseits wäre dann auch nicht dieser Artikel entstanden. Mit jeder Tür die sich schließt, wird auch eine andere geöffnet.

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