Landtagswahl Sachsen Anhalt 2021 – Versuch einer Interpretation

Das war sie nun, die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt 2021 und somit letzter Stimmungstest vor der Mutter aller Wahlen – der Bundestagswahl im September. 1.8 Millionen Wahlberechtigte und eine Wahlbeteiligung, die einer demokratischen Überzeugung spottet. Sollte der Ostbeauftragte mit seiner Kritik nicht sogar Recht gehabt haben?
Aber gehen wir die Ergebnisse der

CDU

Wie auch immer das Stimmenplus zustande kam: Respekt dafür. Leader of the Gang. Und das obwohl Maskendeals, Laschet und eine generelle #niewiederCDU Grundstimmung herrschten.
Größtenteils dürfte der Amtsbonus von Reiner „David“ Haselhoff und sein gepflegtes Image als treusorgender Landesvater für ein paar Prozentpunkte mehr gesorgt haben. Ich persönlich finde den Mann ja eher blass, aber bei CDU Wählern weiß man ja sowieso nie so genau, wie die ticken. Dazu ein unausgesprochener Konsens, dass die AfD kleingehalten werden muss, indem man der regierenden Partei seine Stimme gibt.
Wenn jetzt ein Angebot der Brunnenvergifter aus der AfD zwecks „bürgerlicher“ Koalition kommt, kann man aber mal austesten, was die angebliche Geschlossenheit der CDU und das Versprechen einer Brandmauer gegen die AfD wert ist. Gerade das sehen viele Haseloff Kollegen anders als ihr Chef.

AfD

Irgendwas um 20 Prozent reichte dann doch nicht für die Machtergreifung. Ist aber immer noch viel zu viel. Um sich nichts vorzumachen: Unter den 20 Prozent mögen einige Wutwähler dabei sein, aber Sachsen-Anhalt ist nicht nur Osten sondern spezieller Osten. Da wählt ein Großteil aus kackblauer Überzeugung, obwohl es angeblich das Land der Frühaufsteher ist. Mit Protest hat das dann nicht mehr viel zu tun.

Die Linke

Das einstige Alleinstellungsmerkmal der „Stimme des Ostens“ hat man an die, hört hört, AfD und CDU verloren. Das Spitzenpersonal reißt es nicht und die Partei sowie ihre Wähler sind in die Jahre gekommen. Nachwuchs ist nicht in Sicht und Henning-Wellsow ist bundesweit ohne Format. Aus eigener Kraft scheint es der Landesverband in Sachsen-Anhalt aber nicht zu schaffen.

SPD

Eine beängstigende Schrumpfung und am Ende steht das Schicksal einer Splitterpartei. Woran liegt es? Das wüssten die Genossen im Willy Brand Haus auch gern. Für eine Koalition dürften 8 Prozent reichen, aber das ist nichts, worauf man langfristig aufbauen kann. Die Genossen brauchen unbedingt wieder einen Markenkern, wollen sie in der Parteienlandschaft noch wahrgenommen werden.

FDP

Glückwunsch FDP. Wieder mal im Landtag vertreten. Wozu weiß allerdings auch niemand. Vor allem nach der Kemmerich-Nummer in Thüringen vor einem Jahr witzeln die Ersten schon, wann die FDP von CDU und AfD ein gewissen Angebot erhält.

B90 / Grüne

Ergebnis verbessert und dennoch „verloren“. Irgendwas um 6 Prozent kann nicht der Anspruch einer Partei sein, die in den bundesweiten Umfragen knapp auf Platz 2 liegt. Es ist eben der Osten und was auch immer sich die Grünen einreden (lassen): abgesehen von Berlin sind sie im ostdeutschen Land nur eine Randnotiz. Und Berlin ist nicht der Osten. Klima- und Umweltschutz ziehen hier nicht, den Kampf gegen Rechts verbindet man nicht mit den „Ökonazis“ und Baerbocks naives und unprofessionelles Auftreten in den letzten Wochen hat auf die Wählerstimmung abgefärbt.

Alles unter 5 Prozent

Die Basis und wie diese anderen Corona-Schwurbelfritzen alle heißen mögen, kamen nicht zum Zug. Wahrscheinlich hatten ihre angepeilten Wähler mit der Suche nach Impfterminen zu tun. NPD und andere nationale Sozialisten sind zwar weg vom Fenster, haben ihre Stimmen aber eben an die AfD abgegeben. Freie Wähler spielen eher auf kommunaler Ebene eine Rolle.

Und was heißt das nun?

Wenn man in den Bundeszentralen der großen Parteien nur wüsste, wie dieses Ergebnis einzuordnen ist …
Nichtsdestotrotz wird schon einmal gedeutelt und getönt, obwohl jeder weiß, dass sich Sachsen-Anhalt nicht als Blaupause eignet. Es hat sich nur wieder gezeigt, dass die Menschen dort eben – speziell sind (um das mal höflich zu formulieren).
Durch Pandemie und Lockdown sieht man ohnehin alles verschwommen und wie im Nebel. Es war schwer auszumachen, ob es überhaupt Themen gab, die die Menschen umtreiben und wenn ja, wie stark diese mit Parteien in Verbindung gebracht wurden. Schon dass man der CDU eine Kümmererrolle für Ostbelange zuschreibt, spricht verstörende Bände. Dachte man doch eher, das schwarze Personal kümmere sich hauptsächlich um einträgliche Maskendeals.
Kann sich Armin Laschet nun beruhigter fühlen, weil die CDU das Siegen nicht verlernt hat? Weil ein ähnlich farbloser Ministerpräsident wie er zur Integrationsfigur taugt?
Freut sich Herr Söder in Bayern für die Schwesterpartei?
Ist auch bei der Bundestagswahl ein vergleichbares Ergebnis für die AfD drin?
Ist der grüne Annalena Zug nun entgleist, wie Friedrich Merz (kann den bitte mal jemand abschalten?) frohlockte?
Dürfen die Freien Liberalen wieder träumen? Von geplatzten Koalitionsverhandlungen, weil man lieber wieder nicht regieren will?
Beißen sich die Linken in den Arsch, weil sie Sarah Wagenknecht hätten haben können, aber stattdessen Henning-Wellsow und Wissler auf Geisterfahrt schickten?

Fragen auf die es vielleicht in etwas mehr als 100 Tagen Antworten geben wird.

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