Bad Heat on the Brasserie Lorraine

Liebe Genossenschaft Restaurant Brasserie Lorraine in Bern. Manchmal ist es im Geschäftsleben wie im Professionell Wrestling. Und hin und wieder schießt man kapitale Böcke, im Wrestling wie im Leben.
Im Wrestling wird immer versucht Heat zu erzeugen. „To get heat on somebody“ bedeutet, dass einer oder mehrere der Akteure aus Publikumssicht mit Emotionen behaftet, quasi aufgeladen werden. Und weil Heat nie ein Selbstzweck ist, muss man genau wissen, wie sie sich auszahlen soll. Der Bösewicht soll noch böser rüberkommen, der Held noch strahlender. Wir unterscheiden dabei zwei Arten von Heat: positive heat und negative heat. Beide Arten stehen in Wechselwirkung miteinander, beide Arten von Heat werden unterschiedlich erzeugt und in Wert gesetzt und man muss sehr vorsichtig im Umgang sein. Vor allem mit der negative Heat. Wenn diese nicht richtig kanalisiert wird, schlägt sie unvorteilhaft als Backlash zurück. Jetzt werden Leute kommen und sagen, dass Heat erzeugen nichts anderes wäre, als Aufmerksamkeit erregen und jede Art von Aufmerksamkeit ist richtig und gern gesehen (any news is good news). Leider gilt das nur in einem auf Kurfristigkeit angelegten Geschäftsmodell und schon gar nicht für „Marken“. Die erholen sich von negativer Aufmerksamkeit unter Umständen überhaupt nicht und sind irreparabel beschädigt.

Jetzt hat die gute Brasserie Lorraine Bern mit dem Konzertabbruch der Mundart-Band lauwarm förmlich nuclear heat erzeugt. Was genau passiert ist und warum erfahrt ihr aus den Medien, das trete ich hier nicht noch einmal breit. Nur soviel: man hat wohl die Rechnung falsch aufgemacht, indem man glaubte, der erwartete moralische Gewinn übertrifft die Verluste (ein paar empörte Konzertbesucher) um ein Vielfaches. Jetzt hat man unglaublich viel negative heat an der falschen Stelle erzeugt und wird sie nicht mehr los. Im Wrestling wäre das jetzt die Stelle, wo der Bösewicht in Stellung gebracht wurde, sich zutiefst hinterhältig und schlecht benahm und nun … und nun der strahlende Held fehlt, der die Situation mit seiner positive heat auflöst. Zu dieser Auflösung ist es nicht mehr gekommen. Der Held (die Band lauwarm) ist als Verlierer aus dieser Konfrontation gegangen, im Ruf beschädigt und die Brasserie wird die negative heat nicht los. Das Publikum ist zwar mega engagiert, weil es nicht das serviert bekommen hat, was es sehen wollte – aber letztlich auch unzufrieden mit dem Ausgang. Normalerweise sollte sich heat für die Beteiligten auszahlen. In diesem Fall mit positiven Bewertungen und mehr Gästen der Beiz. Aber seit Tagen ist man dort damit beschäftigt, negative Google Bewertungen löschen zu lassen und sich mit widersprüchlichen Pressemitteilungen noch tiefer reinzureiten. Ob die Besucherzahl konform sinkt, kann ich nicht beurteilen, aber zumindest Musiker und Künstler werden es sich bestimmt zweimal überlegen, ob sie dort auftreten werden. Dafür, dass der Fall nun sogar international Schlagzeilen macht, kann sich die Brasserie in Bern nichts kaufen. Heat ist eben kein Selbstzweck.

Die Marke „Genossenschaft Brasserie Lorraine“ ist jetzt massiv beschädigt und eigentlich müsste jetzt die Führungsetage bzw. die Verantwortlichen zurücktreten. Im Wrestling wäre der Booker auch gefeuert worden und die Wrestler für eine Zeit ins dog house gesperrt. Solche verbockten Aktionen haben auch schon manche Karriere beendet. Hätte man jetzt einfach mal im Handbuch für Brand-Manager nachgeschlagen oder brain.exe benutzt, dann würde man sicher mit einem großen Sorry aufgewartet haben, um Vergebung bitten und den Shitstorm versuchen abzureiten, ohne über jedes Stöckchen zu springen. Passiert aber nicht. Nur löst sich negative heat nicht einfach auf, nur weil man sich das wünscht.

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