Ich verkaufe auf Amazon (gebrauchte) Bücher seit … ja, im Prinzip seit Amazon diesen Service für Kunden eingerichtet hat.
Nein, ich will und werde damit nicht reich. Der Versand der meisten Bücher (3 – 10 €) ist sogar ein Verlustgeschäft, aber da ich etwas gegen Ressourcenverschwendung habe und bei „Baumleichen“ wie Büchern immer daran denken muss, wieviel Holz dafür verbraucht wird – versuche ich auch Gebrauchtes wieder loszuschlagen, anstatt es in der Papiertonne zu entsorgen.
Vor etwa einem Jahr habe ich versucht, ein kleines Fachbuch zu verkaufen. Ich muss dazu sagen, dass es bei mir keine Ramschware oder zerfledderte, bekritzelte Bücher gibt; bei mir haben fast alle Bücher ein „sehr gut“ im Zustand stehen, selten mal nur ein „gut“. Ich behandle Bücher von Haus aus pfleglich und verkaufe sie nur weiter, wenn sie meinen Ansprüchen an ein Buch genügen.
So, bei diesem Fachbuch (Politik) hatte ich einen Käufer gefunden – Student, wohnhaft in einem Studentenwohnheim (das ist noch wichtig in dieser Anekdote) – kurz und gut, das Buch ging auf Reisen. Als nach anderthalb Wochen das Buch beim Käufer immer noch nicht eintraf, war ich schon etwas irritiert (normaler DHL Versand, keine „Büchersendung“). Als dasselbe Buch nach 2 Wochen wieder bei MIR eintraf, war dann alles klar: „Empfänger konnte nicht ermittelt werden“.
Ich schrub den Käufer an (der inzwischen auch auf heißen Kohlen saß), ob er sich darauf einen Reim machen könnte. „Ja, eigentlich nicht … denn die Adresse stimmte, aber (jetzt kommt’s [sic]) sein Name steht nur am Briefkasten ABER in den passt das Buch nicht rein und an seiner Wohnung im Studentenwohnheim steht natürlich KEIN Name.“ Der Lieferbote hatte also gar keine Chance, das Buch auszuliefern. Es musste zwangsläufig zurückkommen. Angeblich wäre der Lieferbote nur zu faul gewesen, bis an die Wohnungstür auszuliefern, denn angeblich kenne der standardmäßig Ausliefernde die Wohnungsnummern der zu Beliefernden (!).
Ich fragte, wie wir das Problem denn lösen könnten, denn mittlerweile hatte derselbe Kunde ein negatives Feedback bei Amazon über mich eingereicht, da seine bestellte und bezahlte Ware nicht eingetroffen ist!
Mein Vorschlag, dass er kurzfristig einen Vermerk am Briefkasten für den Lieferboten anbringt, wo die Wohnung zu finden wäre, wurde von ihm abgelehnt. Ich solle das Buch doch einfach NOCHMAL versenden, denn dieses Mal würde es ganz sicher klappen (wenn der richtige Lieferbote mit der Auslieferung dran wäre).
Das tat ich natürlich nicht! Bin ich denn mit dem Klammerbeutel gepudert? Es hat durch diese Mätzchen schon beim ersten Mal nicht geklappt und ich bin auf den Versandkosten sitzengeblieben. Dazu hatte ich mir sichtbar im Verkäuferkonto ein negatives Feedback eingefangen, was der Käufer sich zu löschen weigerte.
Ich habe daraufhin Amazon kontaktiert (wer da so eine richtige Supportabteilung mit Telefondienst rund um die Uhr und Response Zeiten innerhalb einer Stunde erwartet, wird etwas ernüchtert werden), was ich jetzt tun sollte.
Oh Wunder, das negative Feedback habe ich voll zu Recht erhalten. ICH als Verkäufer habe nun mal dafür zu sorgen, dass der Käufer seine Ware erhält. Der Käufer hat ganz recht, wenn er so ein Feedback auslöst, weil ihm die Zustellung zu lange dauert oder er seine Ware gar nicht erhält. Er hätte nicht mal das Feedback löschen müssen, wenn ich ihm das Buch ein zweites Mal (diesmal erfolgreich) zugeschickt hätte, weil das ein anderer Vorgang wäre.
Wir haben uns dann darauf geeinigt, dass der Kunde sein Geld zurück erhält, ich das Buch und das negative Feedback behalte und auf den Versandkosten sitzenbleibe. Damit war für Amazon das Thema erledigt. Ja, für uns alle eigentlich.
Ich habe wirklich immer gern über Amazon meine gebrauchten Bücher verkauft, es hat zu Anfangszeiten Spaß gemacht. Aber dann fing Amazon (wie auch ebay) an, alle Verkäufer wie Profis zu behandeln. Jeder Verkäufer eines auch noch so abgegriffenen Schnulzenromans für 50 Cent wurde genauso behandelt wie der Verlag, der mehrere Tausend Bücher über Amazon ausliefern lässt. Mit allen Vor- aber auch Nachteilen.
Warum gibt es zum Beispiel nicht mehr die Möglichkeit, Käufer um die Abgabe einer Bewerbung zu bitten? Wenn alles glatt über die Bühne geht, gibt keiner eine Bewertung ab. Ist denn da ein „alles OK“ zuviel verlangt? Aber jeder nutzt es fleißig, wenn mal was nicht so klappt, wie es sollte. Das ist ja auch in Ordnung so, aber das Qualitätssicherungssystem von Amazon Marketplace ist in diesen Fällen doch sehr verbesserungswürdig, wenn man so eine Pleite wie bei mir nicht nachträglich auflösen kann. Dem Käufer ging es am Arsch vorbei und Amazon letztlich auch.
Versteht das nicht falsch, ich kaufe gerne und viel bei Amazon. Es hat noch nie ein gravierendes Problem bei einer Bestellung gegeben. Oftmals habe ich an einem Tag bestellt und am nächsten Tag wurde Mittags die Ware angeliefert. Das nötigt mir schon Respekt ab (über Lohnverhältnisse bei Zustellern und Lagermitarbeitern reden wir an anderer Stelle), aber wenn Amazon nicht mehr hinter dem Gedanken steht, dass Leute auch privat gebrauchte Sachen über ihre Plattform verkaufen, sollen sie das einstampfen. Dann bin ich bei Medimops oder Booklooker besser aufgehoben.
Der Kundenservice ist zudem ein Graus. Wenn man Großkunde ist oder bei Amazonaws gebucht hat, wird man vielleicht anders behandelt und erhält vielleicht einen direkten Ansprechpartner, aber das Rest ist so verworren und anonym organisiert …
Ja, Herr Bezos braucht jeden Cent, weil er bemannte Raumfahrten für Kunden mit dem dicken Geldbeutel anbieten will – so merkwürdig das auch klingt, aber ich kann das nachvollziehen (brauche auch jeden Cent, um mein Fahrrad in Schuss zu halten). Aber wenn ihn jetzt nur noch Ausflüge ins Weltall interessieren und seine Gelddruckmaschine Amazon immer weniger – kann er das Unternehmen nicht komplett abgeben und sich daraus zurückziehen? Vielleicht könnte man mit den freigewordenen Ressourcen den Service auf solide Füße stellen.